Der Zwei-plus-Vier-Vertrag
Deutschland hat die Abtretung der ehemaligen Ostgebiete an Polen und die Sowjetunion (heute teilweise Russland) offiziell und völkerrechtlich verbindlich im Rahmen des Zwei-plus-Vier-Vertrags vom 12. September 1990 akzeptiert.
Dieser Vertrag, der zwischen den beiden deutschen Staaten (Bundesrepublik Deutschland und Deutsche Demokratische Republik) sowie den vier alliierten Mächten (USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich) abgeschlossen wurde, legte die endgültige Grenze Deutschlands fest und bildete die Grundlage für die Wiedervereinigung Deutschlands.
Die Bundesrepublik Deutschland ist der legitime Rechtsnachfolger des damaligen Dritten Reiches und seit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten ist dies das heutige Deutschland als Einheit.
Bereits in den 1950er Jahren hatte die Bundesrepublik Deutschland unter der Regierung von Konrad Adenauer (CDU) die Grenze entlang der Oder-Neiße-Linie faktisch anerkannt, jedoch unter Vorbehalt einer endgültigen Regelung in einem Friedensvertrag. Damit kann man zum damaligen Zeitpunkt von einer latenten Anerkennung ausgehen, die nicht final ratifiziert wurde.
In den 1970er Jahren führte die Ostpolitik unter Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) zu einer weiteren Annäherung, bei der die bestehende Grenze zu Polen de facto anerkannt wurde.
Auch hier gab es, abseits der faktischen Normalität, keine völkerrechtliche, finale Festsetzung.
Der endgültige Verzicht auf die ehemals deutschen Ostgebiete erfolgt mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag 1990, der am 15. März 1991 in Kraft trat und die Oder-Neiße-Linie als endgültige Grenze festlegte.
Damit war der Verzicht Deutschlands auf die ehemaligen Ostgebiete, die nach dem Zweiten Weltkrieg unter polnische und sowjetische Verwaltung gestellt wurden, völkerrechtlich abgeschlossen.
Der Zwei-plus-Vier-Vertrag: Friedensvertrag oder nicht?
Der Zwei-plus-Vier-Vertrag ist ein zentraler Bestandteil der deutschen Wiedervereinigung und regelte die endgültige Grenzfestlegung Deutschlands sowie die Beendigung der nach dem Zweiten Weltkrieg bestehenden Besatzungsrechte der Alliierten. Obwohl der Vertrag viele Aufgaben eines klassischen Friedensvertrages erfüllte, wird bis heute darüber diskutiert, ob er tatsächlich als solcher zu betrachten ist.
Warum kein „Friedensvertrag“?
Ein Friedensvertrag beendet traditionell einen Kriegszustand und klärt alle offenen Fragen, die aus einem Konflikt resultieren. Obwohl der Zwei-plus-Vier-Vertrag viele dieser Funktionen erfüllte, wurde er bewusst nicht als „Friedensvertrag“ bezeichnet. Diese Wortwahl war kein Zufall, sondern eine gezielte Entscheidung der Vertragsparteien.
Ein zentraler Grund dafür war die Vermeidung von Regressforderungen. Ein formaler Friedensvertrag hätte theoretisch die Möglichkeit eröffnet, dass Staaten oder Privatpersonen Ansprüche auf Reparationszahlungen oder Entschädigungen für Kriegsschäden erheben könnten. Solche Forderungen hätten die Verhandlungen erheblich komplizieren und die finanzielle sowie politische Stabilität des wiedervereinigten Deutschlands gefährden können.
Durch die diplomatische Entscheidung, den Vertrag als „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ zu bezeichnen, wurde diese Gefahr weitgehend umgangen. Der Vertrag regelte zwar die grundlegenden Fragen der deutschen Souveränität und der Grenzfestlegung, schloss jedoch zugleich die Tür für etwaige Regressforderungen, die bei einem als Friedensvertrag bezeichneten Dokument hätten entstehen können.
Funktionelle Gleichstellung mit einem Friedensvertrag
Trotz der formalen Unterschiede erfüllt der Zwei-plus-Vier-Vertrag in der Praxis viele Aufgaben eines Friedensvertrags.
Er schuf die Grundlage für die Wiedervereinigung und die vollständige Souveränität Deutschlands und wurde international anerkannt. Auch wenn er nicht als „Friedensvertrag“ bezeichnet wurde, wird er von vielen Historikern und Juristen als solcher in seiner Funktion akzeptiert.