In Deutschland gibt es eine neue Entwicklung, bei der eine zertifizierte Stelle Kommentare in sozialen Medien löschen lassen kann, ohne dass dafür eine richterliche Anordnung vorliegt. Das wirft natürlich Fragen auf, ob das rechtlich und verfassungsgemäß in Ordnung ist. Besonders in Bezug auf die Meinungsfreiheit und die Gewaltenteilung kommt man ins Grübeln.

Meinungsfreiheit und Zensur

Das Grundgesetz garantiert uns allen die Freiheit, unsere Meinung zu sagen und zu verbreiten – das ist in Artikel 5 festgelegt. Allerdings gibt es auch Grenzen. Diese kommen ins Spiel, wenn es um Beleidigungen, Volksverhetzung oder den Schutz der persönlichen Ehre geht. Das sind strafrechtliche Aspekte, bei denen das Recht auf Meinungsfreiheit eingeschränkt werden kann.

Nun gibt es aber auch das sogenannte Zensurverbot. Dieses besagt, dass der Staat unsere Äußerungen nicht vorab kontrollieren oder verhindern darf. Sprich: Der Staat darf uns nicht vorher verbieten, etwas zu sagen oder zu schreiben. Wenn allerdings nachträglich Inhalte entfernt werden, weil sie zum Beispiel gegen Gesetze verstoßen, ist das keine Zensur im klassischen Sinn. Aber, und das ist der entscheidende Punkt: Solche Entscheidungen dürfen normalerweise nur Gerichte treffen.

Gewaltenteilung: Wer darf was?

In einem Rechtsstaat ist die Gewaltenteilung ein zentraler Grundpfeiler. Die Legislative (also Parlamente) macht die Gesetze, die Exekutive (Regierungen, Verwaltungen) setzt sie um, und die Judikative (Gerichte) sorgt dafür, dass sie eingehalten werden. Wenn es nun darum geht, ob ein Kommentar in sozialen Medien gelöscht werden soll, weil er vielleicht gegen geltende Gesetze verstößt, ist das eine juristische Entscheidung. Normalerweise muss also ein Gericht prüfen, ob dieser Kommentar die Grenzen der Meinungsfreiheit überschreitet oder nicht.

Problem: Wer entscheidet über Löschungen?

Wenn jetzt eine nicht-gerichtliche Stelle – also eine Stelle, die weder Teil der Regierung noch der Gerichte ist – darüber entscheidet, welche Inhalte gelöscht werden sollen, greift diese Stelle in eine Aufgabe ein, die eigentlich den Gerichten vorbehalten ist. Solche Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit von Äußerungen und deren Löschung sind typische Aufgaben der Judikative. Wenn eine Stelle diese Macht ohne richterliche Anordnung übernimmt, könnte man sagen, sie tut Dinge, die eigentlich nur Gerichte tun dürfen.

Das kann rechtlich problematisch sein, weil es die Gewaltenteilung untergräbt. Gerichte sollen ja genau dafür sorgen, dass solche Entscheidungen nach klaren rechtlichen Regeln ablaufen und keine Willkür herrscht. Wenn eine private oder halbstaatliche Stelle eigenmächtig Kommentare löschen lässt, könnte das bedeuten, dass die Meinungsfreiheit zu stark eingeschränkt wird, ohne dass dies durch eine unabhängige gerichtliche Überprüfung abgesichert ist.

Fazit: Eine rechtliche Grauzone?

Die Idee, dass eine Stelle ohne richterliche Anordnung über das Löschen von Kommentaren entscheidet, bringt uns in eine rechtliche Grauzone. Auf der einen Seite soll es darum gehen, strafbare oder schädliche Inhalte schnell zu entfernen. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass die Meinungsfreiheit unnötig eingeschränkt wird und eine Stelle Aufgaben übernimmt, die eigentlich nur Gerichten zustehen. Ein solcher Ansatz könnte die Gewaltenteilung und den Rechtsstaat schwächen.

Wichtig ist, dass Grundrechte wie die Meinungsfreiheit nur dann eingeschränkt werden, wenn dies durch Gerichte oder klar geregelte rechtliche Verfahren geschieht – und nicht durch Institutionen, die ohne klare Kontrolle agieren.