Es ist ein zutiefst besorgniserregendes Schauspiel, das wir in Thüringen beobachten dürfen. Ein Verfassungsgericht, das innerhalb von neun Stunden 38 Seiten zu einer Frage von erheblicher Tragweite verfasst – so schnell, dass man beinahe glauben könnte, die Entscheidung sei bereits vorgefertigt in der Schublade gelegen. Doch hier steht nicht irgendein banales Thema zur Diskussion, sondern die Geschäftsordnung des Parlaments, ein Fundament unserer Demokratie. Dass eine so zentrale Entscheidung mit derartiger Geschwindigkeit und ohne die notwendige Tiefe gefällt wird, lässt tief blicken.

Jörg Geibert, ehemaliger CDU-Innenminister, Barbara Burkert und Präsident Klaus-Dieter von der Weiden – allesamt Vorschläge der CDU-Fraktion. Man könnte fast meinen, die CDU hat das Gericht kurzerhand übernommen. Renate Wittmann, grüne Bundestagskandidatin und Lars Schmidt, vorgeschlagen von der Linken, runden das Spektakel ab. Klaus Hinkel und Anika Klafki, beide tief verwurzelt in der SPD, scheinen nur noch die letzten kritischen Stimmen ersticken zu wollen.

Doch es wird noch bizarrer: Anika Klafki, nicht verfügbar? Kein Problem, dann setzen wir Petra Reiser-Uhlenbruch, Vorsitzende des SPD-Ortsverbandes Molschleben, kurzerhand als Ersatz ein. Schließlich soll doch die parteipolitische Kontinuität gewahrt bleiben.

Man könnte beinahe meinen, das Thüringer Verfassungsgericht hätte die Neutralität aus seinem Vokabular gestrichen und durch „Parteiloyalität“ ersetzt. Hier entscheiden Parteisoldaten über Anträge ihrer eigenen Parteien, als ob die Gewaltenteilung nur eine Fußnote in einem längst vergessenen Lehrbuch der Staatslehre sei.

Es bleibt die Frage, wie ernst man ein Urteil nehmen kann, das innerhalb von neun Stunden aus dem Boden gestampft wird, während die entscheidenden Richter mit dem einen Bein noch tief im Sumpf ihrer eigenen Parteizugehörigkeit stecken. Die Glaubwürdigkeit der Entscheidung? Zumindest für diejenigen, die noch an die Unabhängigkeit der Justiz glauben, dürfte sie kaum höher als Null sein.