Unverständliche Rechtsauslegung
Die jüngste Entscheidung der Staatsanwaltschaft zur Einstellung eines Ermittlungsverfahrens wegen der Billigung von Straftaten gemäß § 140 StGB wirft erhebliche Fragen hinsichtlich der Rechtsauslegung und der Gleichbehandlung von strafrechtlich relevanten Äußerungen auf.
Der Sachverhalt Eine Person hatte in sozialen Netzwerken einen gewaltverherrlichenden Beitrag verfasst, der explizit die Gewalt gegen bestimmte Personengruppen als „nicht schlimm“ und „befreiend“ bezeichnete. Die Äußerung richtete sich gegen Wahlhelfer einer politischen Partei und implizierte eine Zustimmung zu körperlichen Angriffen auf diese Personen. Angesichts der zunehmenden politischen Polarisierung und der häufiger werdenden Angriffe auf politische Akteure hätte ein solcher Beitrag besonders sensibel und strikt geahndet werden müssen.

Die rechtliche Bewertung der Staatsanwaltschaft Die zuständige Behörde kam zu dem Schluss, dass kein hinreichender Tatverdacht für eine strafbare Handlung vorliegt. Die Begründung fußt darauf, dass es sich lediglich um eine „Billigung“ einer abstrakten Gewaltanwendung handelt und keine „taugliche Vortat“ nach § 140 StGB identifiziert werden konnte. Zudem sei der Beitrag nicht als öffentliche Aufforderung zu Straftaten im Sinne des § 111 StGB zu werten, da keine direkte Handlungsanweisung oder Anstiftung zum Verbrechen erfolgte.

Problematische Konsequenzen dieser Entscheidung
- Ungleichbehandlung und Doppelmoral: In anderen Fällen wurden ähnliche oder gar weniger drastische Äußerungen konsequent verfolgt und geahndet, insbesondere wenn sich die Aussagen gegen Minderheiten oder bestimmte gesellschaftliche Gruppen richteten. Die nun getroffene Entscheidung erweckt den Eindruck einer selektiven Rechtsdurchsetzung, was dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden und dem Vertrauen in den Rechtsstaat erheblich schadet.
- Verharmlosung politisch motivierter Gewalt: Die Entscheidung sendet das Signal, dass die Befürwortung von Gewalt gegen bestimmte politische Gruppen nicht als ernsthafte Bedrohung des gesellschaftlichen Friedens angesehen wird. Eine solche Haltung kann potenziell dazu führen, dass politische Gewalt weiter eskaliert und sich die Hemmschwelle für physische Angriffe verringert.
- Auslegungsspielraum bei § 140 StGB: Die Begründung, dass keine „taugliche Vortat“ existiert, ist fragwürdig. Die Aussage billigt eindeutig eine Form der Gewalt, die in der Vergangenheit bereits häufig stattgefunden hat und deren Wiederholung keineswegs unrealistisch ist. Gerade in einem politischen Kontext, in dem Wahlkampfhelfer immer wieder Opfer von Angriffen werden, hätte hier eine andere juristische Bewertung erwartet werden können.
Die Einstellung des Verfahrens gegen die beschuldigte Person stellt ein bedenkliches Signal dar, das einer zunehmenden gesellschaftlichen Verrohung Vorschub leisten könnte. Der Rechtsstaat sollte hier mit einheitlichen Maßstäben agieren und deutlich machen, dass die Verherrlichung oder Billigung von Gewalt gegen politische Gegner inakzeptabel ist.
Die Entscheidungsfindung in solchen Fällen sollte einer kritischen Prüfung unterzogen werden, um ein einheitliches und faires Strafrecht zu gewährleisten.
Es bleibt abzuwarten, ob auf politischer oder juristischer Ebene eine Sensibilisierung für diese Problematik erfolgt, oder ob solche Entscheidungen weiterhin das Vertrauen in eine konsequente Strafverfolgung untergraben.